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Die 125ccm Zweitakter der Achtziger und Neunziger

Eine kleine Geschichte der wohl aufregendsten 125er-Epoche

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Die Zeit der 125er Zweitakt-Sportmotorräder dauerte nur eine Dekade, aber das waren durchaus spektakuläre, emotionsgeladene zehn Jahre. Es war ein so bemerkenswertes Kapitel, dass sich jeder gern daran erinnert, der dabei war. Sogar diejenigen, die damals nicht zu den Motorradfans zählten.

Es begann im Jahr 1984 – davor hatte es schon viele attraktive Motorräder gegeben, aber der Funke, der die Leidenschaft vor allem der damals 16-jährigen entfachte, entzündete sich an der Premiere eines „UFOs“ im Markt: Die Gilera RV 125 begeisterte die Fans, da sie optisch den damals aktuellen hubraumstarken japanischen Traumbikes sehr nahe kam. Ein gewagter, aber erfolgreicher Schritt. Die Gilera hatte eine ansprechende Linienführung, umfassende Instrumente, beleuchtete Bedienelemente, eine moderne Ansaugmembran, einen E-Starter sowie ein Monoshock hinten. Ein Komplettpaket, das es bis dahin so noch nicht gegeben hatte.

Die Gilera RV 125 mischte den 125er-Markt kräftig auf, öffnete ihn für Zweitakt-Sportmotorräder und weckte damit das Interesse der anderen Hersteller. Honda war unter den Ersten, die mit der NS 125 F darauf reagierten, und vollzog damit einen weiteren Qualitätssprung in dieser Klasse: Ihr Rahmen war aus Vierkantrohren gefertigt, sie verfügte über einen einzigen Stoßdämpfer, einen Auspuff mit Rennschalldämpfer und Auslassventil, eine Ansaugmembran und Instrumente mit Kühlmitteltemperaturanzeige. Währenddessen rüsteten Aprilia und Cagiva bereits zur Gegenoffensive – mit Bikes, die nicht minder erfolgreich sein sollten.

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Unverwechselbarer Stil und Leistung: Gilera KZ125

Cagiva brachte 1986 die Aletta Oro auf den Markt, eine offensichtliche Kopie – inklusive Lackierung – der Kawasaki GPZ 600, die zeitgleich auf den Markt kam. Während die Inspiration durch die hubraumstärkeren japanischen Bikes der damaligen Zeit bis dahin noch minimal schien, gab es jetzt keinen Zweifel mehr: Alles an der Cagiva war von diesen Motorrädern abgeleitet: die Designlinie, die Farben, die Doppelscheibenbremse, die Federung, einfach alles. Die Aletta Oro sah aus wie die endgültige Antwort auf die beiden Hauptkonkurrenten.

Die Rechnung wurde aber ohne Gilera gemacht, denn noch im selben Jahr kam die KZ 125 auf den Markt. Mit 25PS und 150km/h Topspeed eine echte Ansage im Markt. Neben der Leistung und der Technik überzeugte diese auch mit einem brandneuen Design. Der von Luciano Marabese entworfene Stil war in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre nicht nur für die Produktion von Gilera wegweisend, sondern inspirierte mit ihren Rahmendaten auch die anderen Hersteller von 125ern. Die KZ 125 verfügte als erste über eine unverwechselbare Rennverkleidung sowie einen hoch angebrachten Auspufftopf.

Aprilia reagierte 1987 und legte mit der Project 108 noch eine Schippe drauf. Mit Ansaugmembran, Auspuffventil, Einarmschwinge, ansprechender Verkleidung und den gleichen Armaturen wie die Suzuki Gamma 500 legte dieses Bike die Messlatte in der kleinen Klasse nochmals höher.

Die Antwort der Cagiva-Gruppe war die Freccia C9, die von Meisterkonstrukteur Massimo Tamburini zusammen mit der Ducati Paso entworfen wurde. Eine langgezogene Verkleidung, ein aerodynamisches Vorderradschutzblech und zwei Auspuffrohre zeigten eindrucksvoll, dass sich die Performance dieser 125er noch weiter verbessert hatte.

1988: das PS-Wettrüsten begannz

Im Jahr 1988 kam die Antwort von Aprilia in Form der Project 108 Replica. Dieses Motorrad war eine Hommage an die AF1 250, dem Rennbike von Loris Reggiani beim ersten WM-Sieg von Aprilia. Auf der Verkleidung prangten deshalb die Logos der Sponsoren. Doppelscheinwerfer und eine noch bessere Leistung - 27 PS und eine Höchstgeschwindigkeit über 160 km/h - machten dieses Motorrad zum Spitzenmodell seiner Zeit. Aprilia stand an der Spitze aber ruhte sich keineswegs auf seinen Lorbeeren aus und brachte nur wenige Monate später ein weiteres Motorrad auf den Markt. Die Sintesi AF1 88 war eines der modernsten Motorräder jener Zeit und schlug dabei sogar viele aktuelle japanische Topmodelle. Die Sintesi war von der legendären Honda RC 30 inspiriert: Aluminium-Doppelbrückenrahmen, Upside-down-Gabel, Einarmschwinge, große Scheibenbremse vorne, 17-Zoll-Felgen mit breiten Reifen – eine starke Ansage für jeden Motorradfan. Auch bei der Leistung setzte Aprilia noch eins drauf: Mit über 28 PS stand die Sintesi AF1 88 bis auf Weiteres an der Spitze.

Hondas NSR 125 F machte den Unterschied

Es war die Ära der vom Rennsport inspirierten Verkleidungen, denn nun gingen alle Motorradhersteller in diese Richtung. Alle bis auf Honda, denn die Japaner überraschten 1988 mit der NSR 125 F durch ein Naked Bike – inklusive herausragender Technik mit Aluminiumchassis und einem 31 PS starken Motor. Ein echter Trendsetter zu seiner Zeit.

Auch im Jahr 1988 setzte Gilera ein weiteres Statement und brachte mit der SP 01 eine echte Rennreplika. Es war ein kompromisslos sportliches Motorrad mit einem Lenker, der so tief angesetzt war, dass man Krämpfe in den Handgelenken bekam. Hinzu kamen hohe, nach hinten versetzte Fußrasten sowie viele weitere Konstruktionsmerkmale aus dem Rennsport.

Die Konkurrenz schlief nicht und lieferte: Honda präsentierte die NSR mit Verkleidung und Cagiva brachte die C12 mit einem 7-Gang-Motor auf den Markt – natürlich inklusive dem Schriftzug „7 Speed“ auf der Verkleidung.

Eine Cagiva vom 500 GP

Im Jahr 1990 reagierte Aprilia als erstes auf die Rennreplika von Gilera mit der Futura. Sie besaß alle bis dahin zum Einsatz gekommenen Technologien – aber verband diese mit einer neuen, schnelleren und kompromisslosen Fahrwerksabstimmung. Cagiva konnte mit seiner Freccia nicht mithalten. Tamburini spielte daraufhin einen weiteren Trumpf aus: Er stellte die, vom Grand Prix-Bike Cagiva 500 inspirierte Mito vor. Ihr begeisterndes Design – das auch als Vorlage für die legendäre Ducati 916 diente – war zweifellos wegweisend. Sie besaß einen aus der 500er GP-Maschine abgeleiteten Zylinder, ein meisterhaft gestaltetes Fahrwerk, eine verstellbare Gabel und ein Monoshock am Hinterrad. Und vor allem besaß sie eine wunderschön designte, elegante, einfarbig rote Verkleidung. Eben genau wie die GP-Maschine.

Nach der Mito beruhigte sich die Lage ein wenig, denn die anderen Motorradhersteller reagierten nur mit weiteren Verbesserungen ihrer etablierten Modelle. 1991 stieg Yamaha mit der TZR 125 R in das Spiel ein. Die zwei Jahre später als Red Rocket erschienene Version war eine exakte Kopie des 500er GP-Bikes von Wayne Rainey. Ebenfalls 1991 präsentierte Gilera die Crono, zu der sich bald die außergewöhnliche CX mit einer Einarmschwinge sowohl hinten als auch vorne und einer Verkleidung mit futuristischer Linienführung gesellte. Vielleicht ein wenig zu futuristisch, denn sie konnte sich auf dem Markt nicht durchsetzen. Ein Exemplar ist übrigens bis heute im MoMA, dem New Yorker Museum of Modern Art, ausgestellt.

1992 brachte Aprilia die Extrema auf den Markt. Der Name ist durchaus passend: Das Motorrad war in jeder Hinsicht extrem. Es hatte ein brandneues Aluminium-Chassis mit einer neuen Aluminiumschwinge anstelle der 1987 eingeführten Stahl-Einarmschwinge. Die Federung und der Motor, der über 30 PS leistete und eine Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h erreichte, wurden ebenfalls verbessert.

Spitzentechnik und anschließender Niedergang

Ab 1993 wurde der Kampf um die Neuheiten zwischen zwei Marken ausgetragen, Aprilia und Cagiva. Aprilia brachte die Extrema SP mit einer verstellbaren Gabel und Marchesini-Felgen auf den Markt. Cagiva legte mit einer Sonderversion der Mito, der Lawson 2 nach. Die rote Lackierung mit der 7 auf gelbem Grund, eine Upside-Down-Gabel und ein Auspufftopf aus Kohlefaser machte die Lawson 2 zu einem besonderen Motorrad. Für viele gilt sie noch heute als eine der schönsten 125er, die je gebaut wurden. Natürlich war auch das Leistungsniveau gestiegen und es wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h erreicht.

1995 begann die Phase des Niedergangs. Auf der einen Seite begann sich der Geschmack der neuen Generation von 16-Jährigen zu ändern. Ein Jahr später wurden zudem die Führerscheinbedingungen geändert. Die Leistung der 125er Zweitaktmotorräder wurden auf nur 15 PS beschränkt und die Motorradhersteller mussten sich dem wohl oder übel beugen. Für sie ergab es keinen Sinn Modelle herzustellen, die Jugendliche nicht fahren durften. Dies war das Ende einer goldenen Ära, die außergewöhnliche Motorräder hervorbrachte. Eine Ära die noch heute von denen geliebt wird, die das Glück hatten, sie mitzuerleben, die eines der Motorräder besaßen oder schlicht begehrten.

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