Die Unterschiede zwischen einem aufgepumpten und einem defekten Reifen sind offensichtlich. Doch zwischen diesen beiden Extremen liegt hinsichtlich des Reifenfülldrucks eine fast unendliche Anzahl variabler Zustände, die spürbare Veränderungen im Fahrverhalten eines Autos verursachen können. Denn die vorgegebene Menge an Druckluft in einer Reifenkarkasse (gleich, ob es sich um einen schlauchlosen Reifen oder um ein Modell mit einem Schlauch handelt) ist nicht zufällig definiert. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer komplexen Testreihe. Deren Ziel es ist, für jede Variante eines straßenzulässigen Fahrzeugs die optimale Kombination aus Stabilität, Straßenlage und Komfort festzulegen.
Was meinen wir mit Druck?
Der Reifendruck ist nichts anderes als die Luftmenge, die wir in der Reifenkarkasse komprimieren können, damit das Profil auf der Fahrbahn haften kann. Der Druck wird in Bar gemessen (1 Bar entspricht 1 kg/cm2), während die Amerikaner den Begriff PSI (Pfund pro Quadratzoll) bevorzugen. Ein PSI entspricht ungefähr 0,06 Bar. Der Hinweis auf die in einer Karkasse komprimierbare Luftmenge enthält zudem die Begründung dafür, warum es für Fahrzeuge der gleichen Kategorie keine einheitliche Angabe des Reifenluftdrucks gibt. Im Gegenteil, es werden stets unterschiedliche Werte für die Reifen der beiden Achsen angegeben, abhängig von dem Gewicht, das sie tragen müssen.
Wie wirkt Druck sich auf das Fahrverhalten aus?
Scheinbar minimale Abweichungen vom vorgegebenen Reifenfülldruck, beispielsweise 0,2 bar zu wenig oder zu viel, beeinträchtigen unmittelbar das Verhalten des Fahrzeugs. Und das sowohl beim Bremsen als auch in Kurvenfahrten. Zudem beeinflussen sie die Betriebskosten, indem sie einen beschleunigten und unregelmäßigen Verschleiß der Lauffläche sowie einen erhöhten Kraftstoffverbrauch verursachen. Diese stichhaltigen Gründe rechtfertigen es, dem Reifendruck ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zu schenken. Doch leider werden sie oft übersehen. Denn ein Großteil der Autofahrerinnen und Autofahrer überprüft den Reifendruck nur anlässlich der Reisevorbereitungen vor dem Start in die Sommerferien.
Auch der Lauf der Zeit hat Einfluss
Dank der Fortschritte in der Entwicklung der Konstruktionstechnologien für Felgen und Reifen können Hersteller sicherstellen, dass die Haftung zwischen zwei aus verschiedenen Materialien hergestellten Teilen immer größer wird. Dennoch verliert jeder Reifen aus natürlichen Gründen etwa 0,8 Bar Luftdruck pro Monat. Selbst ohne das Berücksichtigen kleinerer Perforationen oder den Luftverlust durch Ventile oder Ventilkappen ist es offensichtlich, dass die Räder nach nur drei Monaten nicht mehr ihren idealen Füllzustand besitzen. Und dieser Prozess geschieht selbstverständlich nicht einheitlich. Vielmehr kann der Druckverlust zwischen zwei Reifen auf einer Seite des Fahrzeugs oder an einer Achse sehr unterschiedlich sein.
Der Druck ändert sich je nach Temperatur
Unabhängig davon, ob die Reifen mit Druckluft oder mit Stickstoff gefüllt sind: Ihr Innendruck bleibt nicht konstant, weil Gase empfindlich auf Temperaturschwankungen reagieren. Bei Kälte ziehen sie sich zusammen, bei Hitze dehnen sie sich aus. Bei sonst gleichen Bedingungen bedeutet dies, dass ein Reifen im Sommer einen höheren Reifenfülldruck hat, während er bei besonders rauen klimatischen Bedingungen einen niedrigeren Wert anzeigt. Die von den Automobilherstellern offiziell empfohlenen Füllstände werden traditionell auf der Grundlage von Messungen bei bestimmten Umgebungstemperaturen festgelegt. Aus diesem Grund ist es ratsam, den Reifendruck an "kalten" Reifen zu überprüfen, also an Reifen, die sich seit mindestens zwei Stunden nicht bewegt haben oder die nicht mehr als fünf Kilometer mit einer niedrigen Geschwindigkeit zurückgelegt haben. Sollte dies nicht möglich sein und Sie erst nach Beginn der Autofahrt daran denken, die Drücke zu überprüfen, ist es erfahrungsgemäß notwendig, den vorgegebenen Reifendruck um 0,3 bar zu erhöhen, um dadurch die durch das Fahren bedingte Ausdehnung des Gases zu kompensieren. Selbstverständlich müssen Sie eine korrekte Messung vornehmen, sobald die Reifen wieder eine Temperatur erreicht haben, die nicht durch die Traglast oder die Abrollbewegung auf der Fahrbahnoberfläche bedingt ist.
Der richtige Druck verlängert die Lebensdauer des Reifens
Die offensichtlichsten Auswirkungen eines fehlerhaften Fülldruckwertes treten bei zu niedrigem Reifendruck auf. Ein um 20 Prozent zu geringer Druck im Reifen verringert die mögliche Laufleistung des Reifens um den gleichen Wert. Gleichzeitig erhöht sich der Verschleiß an den Schultern des Reifens. Das führt zu weniger Haftung in Kurvenfahrten, eine erhöhte akustische Belastung und zu einem gesteigerten Kraftstoffverbrauch, was wiederum die Schadstoffemissionen und den CO2-Ausstoss um mindestens drei Prozent anhebt. Hat beispielsweise ein Reifen eine durchschnittliche Lebensdauer von 40.000 km, verliert er davon rund 8.000 km, wenn nicht regelmäßig der richtige Fülldruck eingestellt wird. Aber auch ein übermäßiges Aufpumpen hat negative Konsequenzen: Neben einem schnelleren Verschleiß der Mitte der Lauffläche führt Überdruck zu einer verringerten Haftung, insbesondere bei Nässe. Und auch der Tragekomfort des Reifens kann erheblich beeinträchtigt werden.