Zwei Freunde stehen auf dem Dach eines klassischen Ferrari, umgeben von der Schönheit eines Pariser Platzes. Hinter ihnen liegen 14.000 Kilometer voller unglaublicher Landschaften und unvergesslicher Momente, aber auch Schlamm, Schmerz und Streit.
Diesen Moment erleben Giorgio Schön und Enrico Guggiari unmittelbar nach dem Abschluss der Peking to Paris Motor Challenge, in deren Verlauf sie in einem mit Pirelli Reifen ausgestatteten 308 GT4 Rossocorsa aus dem Jahre 1974 durch zwölf Länder gereist waren.
Eine unglaubliche Leistung, zumal zuvor noch kein Ferrari das Langstreckenrennen absolviert hatte. Und doch spüren die beiden Fahrer in jenen Minuten auch eine gewisse Trauer, denn vielleicht hätten sie einen Platz auf dem Podium erkämpfen können, hätte es nicht eine Reihe von Missgeschicken gegeben.
Probleme auf der Strecke
„Wir sind glücklich, aber auch ein wenig traurig“, erklärt der erfahrene Fahrer und ehemalige Energieberater Enrico Guggiari (72). „Wir fühlten, das Auto und die Reifen waren einer Platzierung unter den Top-Drei würdig, und wir haben viele Sonderprüfungen gewonnen. Aber leider gab es einige unvorhersehbare Probleme, die uns wirklich zurückgeworfen haben."
Tatsächlich mussten sie bereits während der ersten Etappe – unmittelbar nach dem Verlassen der chinesischen Mauer – anhalten, weil Guggiari an einem Nierenstein litt und eine zweitägige medizinische Notfallbehandlung benötigte.
Daraufhin durften die beiden das Rennen zunächst nicht wieder aufnehmen: „Sie sagten uns, die Rallye sei für uns vorbei, ein schrecklicher negativer Höhepunkt. Aber zum Glück ließen sie uns dann doch weitermachen“, erzählt Giorgio Schön (73), ein Geschäftsmann aus der Modebranche und Gründer von Rossocorsa Racing.
Verlorene Zeit aufholen
Nach ihrer Rückkehr ins Rennen musste das Duo sich zwei Tage durch die fesselnde, aber ausgesprochen knifflige Wüste Gobi kämpfen, aber die Männer freuten sich, überhaupt wieder im Rennen zu sein und genossen die unglaublichen Landschaften der Mongolei.
„Die Aussicht war phantastisch“, erinnert sich Guggiari. „Das war definitiv der beste Teil, auch hinsichtlich des Rennens.“
„Der Himmel in der Mongolei hat eine unglaubliche Farbe – wir fuhren auf einmaligen Straßen“, ergänzt Schön.
Durch einige spektakuläre Zeiten in den Sonderprüfungen auf Wüstenstraßen schob das Paar sein rotes Auto vom letzten Platz der 108 Teams nach vorne, obwohl die Führenden unerreichbar blieben. Nach einem weiteren medizinischen Problem begann der 308 GT4 zu fliegen, und als sie Europa erreichten, lag das Duo bereits auf dem 50. Platz und schickte sich an, sich für den Europacup zu qualifizieren – eine Kategorie, die nur die Etappen des Kontinents berücksichtigt.
Gegen alle Widrigkeiten
„Das Auto lief absolut perfekt, obwohl niemand geglaubt hat, dass wir das Rennen beenden können“, erinnert sich Guggiari. „Als wir wieder in Peking ankamen, war der Vergaser komplett hinüber. Ich verbrachte einen Nachmittag damit, die Zündkerzen zu wechseln und zu versuchen, die Vergaser zu kombinieren. Andere Konkurrenten kamen vorbei und dachten: 'Diese Jungs werden niemals den Start schaffen`, aber wir haben es geschafft, das Rennen zu beenden und die ganze Zeit mit unseren Pirelli Reifen zu fahren."
Die Pirelli Reifen haben ihre Aufgabe perfekt erfüllt: „In Asien haben wir auf sehr gefährlichen Straßen, fast unbefestigten Wegen, Scorpion Reifen montiert, die ideal für solche Bedingungen sind“, erklärt Schön. „Wir hatten nur zwei Platten, einen aufgrund eines wirklich scharfen Felsens, den anderen verursachte ein Nagel. In Europa hingegen fuhren wir ab Finnland mit den CN 36 Reifen, der uns auf den Sonderetappen, auf denen wir oftmals die besten Zeiten erzielten, sehr schnell machte.“
Im Europapokal lag das Paar mit einem satten Vorsprung an der Spitze des Feldes, doch das Pech blieb ihnen weiterhin treu – in Polen verwirrte sie die Beschilderung einer Zapfsäule, und sie tankten Diesel. Sie verloren Stunden mit dem Entleeren des Tanks und dem Reinigen des Motors, was schließlich die Hoffnung der beiden Italiener auf einen Podiumsplatz begrub. „Es war wirklich schade, zumal wir ein tolles Auto hatten und gut fuhren. Enrico saß bei den Etappen auf unbefestigten Pisten am Steuer, ich bei den Abschnitten auf Asphalt“, berichtet Schön.
Bonjour Paris
Am 7. Juli schwengte Paolo Costantino Borghese, ein Nachfahre von Prinz Scipione Borghese, dem Sieger der ersten Rallye von Peking nach Paris im Jahr 1907, die Zielflagge auf dem Place Vendôme. 36 Tage und zwölf Länder lagen hinter den Wettbewerbern. Die australische Legende Gerry Crown, inzwischen 87 Jahre alt, und sein Co-Pilot Matt Bryson erzielten einen historischen Hattrick – sie gewannen die Rallye zum dritten Mal in einem Leyland P76.
Eine weitere unglaubliche Leistung erbrachten Mitch Goss und Christopher Rolph: Sie erreichten die Ziellinie, nachdem sie die 14.000 Kilometer in einem Dampfwagen von 1910 gefahren waren.
Den Zieleinlauf empfand Schön als einen sehr emotionalen Moment. „All unsere Anhänger, ein paar Freunde und die Familie standen dort: Bei der Ankunft hat man das Gefühl, etwas Wichtiges geschafft zu haben. Und in Paris muss man sowieso feiern.“
Nächstes Mal Glück?
Die nächste Peking nach Paris Motor Challenge findet in drei Jahren statt, und weder Schön noch Guggiari haben eine erneute Teilnahme ausgeschlossen.
„Für 2022 planen sie, die europäische Route zu ändern und sich nach Süden in Richtung Türkei und Griechenland zu orientieren“, sagt Guggiari. „Und ich muss gestehen, dass die Straßen von Finnland in diesem Jahr etwas langweilig waren, während die für das nächste Mal geplanten Routen wirklich gut aussehen.“
Schön würde ein weiterer Versuch nichts ausmachen. Es wäre sein dritter Anlauf. „Das wäre wunderbar, obwohl bis dahin drei Jahre vergangen sein werden und ich sehen muss, wie ich mich dann fühle.“
„Die Anmeldefrist endet in sechs Monaten, und obwohl sie teuer sind, werden die Plätze wegen der Schönheit dieses einzigartigen Rennens sofort vergeben – daher muss ich bald eine Entscheidung treffen.“