Bereits das Cover des Pirelli-Kalenders 2024 bietet einen faszinierenden Auftakt zu Prince Gyasis einzigartiger Interpretation der legendären Bildstrecke. Vor einem leuchtend türkisfarbenen Hintergrund und voller farbenfroher Details zeigt es das siebenjährige Model Abul Faid Yussif, das den jungen Gyasi darstellt.
Yussif spielt mit Miniaturversionen einiger Gegenstände, die auf den Seiten des Kalenders zu sehen sind: ein Schlüssel, den die Hollywood-Legende Angela Bassett in der Hand hält; Teile einer Uhr aus dem Set von Supermodel Naomi Campbell; rosa Leitern, die die Dichterin Amanda Gorman erklimmt; ein blauer Koffer, den der Schauspieler und DJ Idris Elba trägt.
Das Bild ist ein Leitfaden, der uns hilft, einige der Feinheiten von Gyasis sehr persönlichem und bewegendem Ansatz zu verstehen. Denn so entfaltet sich sein vielschichtiger Kalender - voller akribischer Details und Botschaften. Sie sind den Renaissance-Gemälden würdig, deren Stil er sehr bewundert.
“Andere Kids wie mich” inspireren
Auf den Seiten des Kalenders bezieht sich Gyasi auf seine Herkunft, seine Community und seine Inspirationen – von den Sagen, die er gerne mit seiner Mutter las, bis hin zum König des historischen Asante-Reiches in Westafrika, Seiner Majestät Otumfuo Osei Tutu II (der auch portraitiert ist). Wie er in der Einleitung des Kalenders beschreibt - die in einer eigens für die Reproduktion seiner Handschrift geschaffenen Schriftart gedruckt wurde - sind auf den Bildern sowohl Menschen vertreten, die er als Kind bewunderte, als auch neue Inspirationen. Es sind Menschen, sagt er, die „zeitlos“ sind.
„Ich habe erkannt, dass es nicht darum geht, jung oder alt, frisch oder weise zu sein. Was diese Persönlichkeiten zu dem macht, was sie sind, liegt woanders. Es liegt an ihrer Konzentration, ihrer Hingabe, ihrer Leidenschaft. Sie hören nie auf. Sie geben nie auf”, schreibt er.
„Die Geschichte, die ich erzählen möchte, ergründet, wie die Menschen, die wir inspirieren, unsere Errungenschaften wahrnehmen. Letztendlich geht es bei diesem Projekt nicht um meine oder Ihre Reise. Es geht um die Laufbahnen meiner Community, der jungen Menschen. Es geht darum, anderen Kids wie mir die Chance zu geben, diese Bilder zu sehen und sich dazu inspirieren zu lassen, ihr eigenes Potenzial zu entfalten.“
Eindrucksvolle Kompositionen
Es ist ein würdiges Erbe, dass der Kalender 2024 aufgreift, denn Gyasi ist mit seinen 28 Jahren einer der jüngsten Bildgestaltenden, die diesen Auftrag übernommen haben. Der Kalender wurde in London und in Gyasis Heimatstadt Accra, Ghana, aufgenommen - dem Ort, an dem er aufgewachsen ist und der das Material für viele seiner frühen Fotokunstwerke lieferte, von denen einige bekanntlich mit einem Smartphone aufgenommen wurden.
Ebenfalls in der diesjährigen Ausgabe finden sich der globale Superstar und Schauspielerin Tiwa Savage, der Schriftsteller, Regisseur und Produzent Jeymes Samuel, die Autorin Margot Lee Shetterly, die Künstlerin und Schauspielerin Teyana Taylor, der zeitgenössische ghanaische Künstler Amoako Boafo sowie der Unternehmer und ehemalige Fußballspieler Marcel Desailly.
Jedes Set wurde von Gyasi so gestaltet, dass es das repräsentiert, was jede dieser Persönlichkeiten für ihn zeitlos macht. Mit einer statischen Kamera auf einem Stativ fängt er eine Szene, eine Komposition ein, die sowohl wie ein Kunstwerk als auch wie ein Foto wirkt. Unterstützt wurde er dabei von einem kreativen Team, zu dem die Stylistin Ola-Oluwa Ebiti, der Hairstylist Issac Poleon und die Visagisten Mata Marielle und Elizabeth Boateng gehörten.
In einem Interview nach ihrem Shooting sagte Shetterly, sie schätze die Erfahrung, „Teil der Vision eines Künstlers“ zu sein. „Was mir an Prince als Fotograf für diesen Kalender wirklich gefällt, ist, dass er zwei Dinge miteinander verbindet“, sagte sie. „Er hat diese sehr spezifische Vision von Schwarzsein, von Afrikanischsein, von Afroamerikanischsein, die er zu vermitteln versucht. Trotzdem sind seine Kunst und seine Bilder sehr transzendent. Sie sind universell, sie sind zugänglich, sie sind intuitiv, sie sind ästhetisch sehr ansprechend. Man schaut sie an und fühlt sich in diese Farben, diese Bilder und diese Menschen hineingezogen.“
Etwas Besonderes schaffen
Die anziehenden Farben setzen sich in der Präsentationsbox für diese 50. Ausgabe des Kalenders fort, der nun im 60. Jahr erscheint, da er einige Jahre lang nicht veröffentlicht wurde. Die Box ist glänzend hellrosa mit einem satten lila Innenleben. Eine begrenzte Anzahl von Sonderausgaben des Kalenders enthält einen Abguss von Gyasis Hand aus goldfarbenem Harz und Metall, der vom italienischen Künstler Riccardo Sivelli entworfen wurde. Wenn Sie den Kalender in die Hand nehmen, ist es, als würden Sie Gyasi persönlich begrüßen.
Auch der Website des Kalenders wurde viel Aufmerksamkeit gewidmet. Sie ist eine Mischung aus Fotos, Texten und Videos, und zum ersten Mal werden alle Inhalte in 68 Sprachen angeboten. Nach der Eröffnungssequenz mit einer explodierenden Uhr wird man Foto für Foto durch den gesamten Kalender geführt, bevor sich die Möglichkeit bietet, individuelle Informationen zu erhalten und in einem interaktiven "Führer" mehr über das Projekt zu erfahren. Es ist ein puristischer Ansatz, der den 24 Bildern - zwei pro Monat - gerecht werden soll. Auf zwei von ihnen ist auch Gyasi selbst zu sehen. Es ist nicht das erste Mal, dass das kreative Talent hinter dem Kalender selbst darin erscheint (Rockstar Bryan Adams fotografierte und erschien in seinem Kalender 2022), aber es ist das erste Mal, dass ein Talent einen eigenen Monat hat.
Gyasi reiht sich damit in die Reihe von Größen wie Helmut Newton, Herb Ritts und Annie Leibovitz ein, die alle den Pirelli-Kalender fotografiert haben, und drückt der Publikation auf diese Weise seinen ganz eigenen Stempel auf.