In den vergangenen Jahren gab es einige unerwartete Konsumtrends. Der Niedergang und Aufstieg des Urlaubs im Ausland. Das explodierende Interesse am einst so bescheidenen Fahrrad. Die Begeisterung für das Backen zu Hause. Und nicht zu vergessen die rund 390 € teure Designer-Gesichtsmaske. Aber wenn es um unser unberechenbares Kaufverhalten geht, gibt es einen wachsenden Trend, der all das übertrifft: gar nichts zu kaufen. Dabei geht es nicht nur darum, das Leben zu vereinfachen, sondern auch darum, die Auswirkungen des eigenen Konsums auf die Welt zu überdenken. Wie weit kann man gehen, wenn man nichts kauft?
Brauchen wir wirklich den Kaffee zum Mitnehmen?
Es besteht kein Zweifel daran: Ein beträchtlicher Teil der Haushaltsausgaben wird für nicht lebensnotwendige Dinge ausgegeben. Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab, dass der durchschnittliche US-Amerikaner jährlich etwa 18.000 Dollar (knapp 17.000 €) für Dinge ausgibt, die er nicht unbedingt braucht - wie Coffee-to-go und Zwischenmahlzeiten.
Diese nicht lebensnotwendigen Ausgaben können sogar Dinge umfassen, die Käuferinnen und Käufer nie nutzen, wie Mitgliedschaften in Fitnessstudios (eine Schätzung besagt, dass fast ein Fünftel der Mitgliedschaften in Fitnessstudios ungenutzt bleibt) und zusätzliche TV-Streaming-Dienste.
Unabhängig davon, ob man es schafft, so viel fernzusehen oder so viel Kaffee to-go zu trinken, summiert sich das zu einer Menge Geld für Dinge, auf die man leicht verzichten könnte. Im Laufe eines durchschnittlichen Erwachsenenlebens summieren sich die 18.000 Dollar pro Jahr auf über 1 Million Dollar. Noch mehr Geld käme zusammen, wenn man die Dinge einbezieht, die zwar nicht unwichtig, aber auch nicht unbedingt notwendig sind. Eine neue Jeans? Ein Upgrade für Ihr Handy? Diese schicken Schuhe? Für die einen sind das Dinge, die einfach zum Leben dazugehören. Für andere sind sie Symptome eines überhitzten Konsums, der die Gesundheit unseres Planeten gefährdet.
Die Zunahme "nicht-primärer" Güter
Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass schätzungsweise 60 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf den Konsum von Gütern durch private Haushalte zurückzuführen sind. Und laut einer viel zitierten akademischen Forschungsarbeit im Journal of Industrial Ecology verursacht die steigende Nachfrage nach "nicht-primären" - oder nicht lebensnotwendigen – Gütern einen Großteil des Anstiegs der negativen Umweltauswirkungen.
Im Klartext: Die Menschen in den reichen Ländern kaufen immer mehr von dem, was sie mögen, aber nicht wirklich brauchen, und der Planet zahlt den Preis dafür.
Und genau hier kommt der "Nicht-Konsument" ins Spiel. Der Un-Konsument mag ein entfernter Verwandter des Minimalisten sein, der mit wenigen, sorgfältig ausgewählten Dingen lebt, aber der Un-Konsument geht viel weiter. Der Slogan des Un-Konsumenten lautet: "Kaufe nichts" - außer dem, was zum Überleben notwendig ist.
Was zählt als "nichts"?
Das heißt: keine neuen Kleider, keine neuen Möbel, keine neuen elektronischen Geräte, kein Luxus. Obwohl es einfach klingt, kann das Kaufe nichts, wie alle Philosophien, schnell kompliziert werden.
Es gibt verschiedene Regeln, was als "nichts" zu gelten hat, und es gibt Facebook-Gruppen und Buy Nothing-Gurus, die weitere Ratschläge geben. Manche praktizieren Kaufe nichts für einen Tag, einen Monat oder ein Jahr. Manche haben sich sogar zum Ziel gesetzt, exakt so viele Dinge wegzugeben, die der aktuellen Jahreszahl entspricht - was bedeutet, dass sie sich in diesem Jahr von 2.023 Dingen trennen. Zumindest sind sich alle einig, dass es wichtig ist, kaputte Dinge zu reparieren.
Ein Zyniker könnte fragen: Was nutzt es in der realen Welt, in der globale Erwärmung und Umweltzerstörung eine immer greifbarere Bedrohung darstellen, nichts zu kaufen?
Das ist schwer zu berechnen. Tatsache ist jedoch, dass die Ausgaben der Haushalte zwischen 50 und 80 Prozent des gesamten Land-, Material- und Wasserverbrauchs ausmachen, was bedeutet, dass die Hälfte oder mehr der gesamten Umweltbelastung der Welt durch den normalen Konsum verursacht wird.
Es wird niemals einfache Wege geben, den Klimawandel umzukehren oder den Planeten zu schützen. Aber es ist möglich, dass der Verzicht auf Konsum, und sei es nur für eine gewisse Zeit, etwas bewirken kann.