Autonomes Fahren ist seit vielen Jahren ein Thema, das Experten und Enthusiasten gleichermaßen spaltet. Ja, zweifellos gibt es auf dem Gebiet viele Fortschritte, aber auch einige aufsehenerregende Unfälle, vor allem in den USA, die auf Fehlfunktionen des Systems zurückgeführt werden.
Ist autonomes Fahren - also der Verzicht auf die Handlungen des Menschen am Steuer - wirklich die Zukunft? Im Moment scheint es schwer vorstellbar, allerdings arbeiten alle in der Branche an ihren eigenen Systemen: von den ältesten und etablierten Automobilherstellern bis hin zu jungen Start-ups und den bekannten Pionieren. Doch dabei müssen alle sich an den globalen Standard halten, der prosaisch SAE J3016 genannt wird. Er gliedert die Technologie des autonomen Fahrens in sechs Kategorien von 0 bis 5.
Ganz vorn beginnen
Fangen wir bei null an. Bei einem Auto dieser Kategorie handelt es sich im Wesentlichen um ein analoges Fahrzeug, wie wir es kennen, ohne nennenswerte autonome Systeme. Der Wagen reagiert auf die Handlungen der Fahrerin oder des Fahrers, ohne die nichts passiert. Die einzige Ausnahme bildet die automatische Notbremsung: Dabei ist ein automatisches Bremssystem in der Lage, das Auto zu stoppen, wenn es erkennt, dass eine Kollision droht. Ab 2022 wird diese Technologie für alle in Europa verkauften Neuwagen Pflicht sein. Darüber hinaus gibt es noch weitere automatische Warntechnologien, die Sie in Autos sehen können, die offiziell in die Kategorie 0 eingestuft sind. Dazu gehören die sogenannten Totwinkelwarner. Wie ihr Name bereits sagt, warnen sie vor Fahrzeugen, die sich im toten Winkel des Fahrers befinden. Ein weiteres Beispiel ist der Spurhalteassistent. Er warnt, sobald die Person am Steuer versehentlich in eine andere Spur wechselt.
Hilfe für den Fahrer
Echte autonome Fahrtechnologien beginnen ab Stufe 1. Allerdings wäre es präziser, von Fahrerassistenzsystemen zu sprechen, wenn es entweder um das Lenken oder um das Beschleunigen und Bremsen geht, nicht aber um das gleichzeitige Lenken, Beschleunigen oder Bremsen. Zu den Fahrhilfen der Stufe 1 gehört die Spurenzentrierung, die auf die Lenkung einwirkt, um das Auto in der richtigen Spur zu halten. Ebenso der anpassungsfähige Tempomat, der mit dem Gaspedal und den Bremsen interagiert, um das Auto auf einer bestimmten Geschwindigkeit zu halten, ohne auf das vorausfahrende Fahrzeug aufzufahren. Die Technologie der Stufe 2 ist eine Weiterentwicklung von Stufe 1. In diesem Fall wird das Fahrzeug in seiner Spur gehalten und zudem beschleunigt oder gebremst. Mit anderen Worten: Wenn ein Auto sowohl über Spurhaltefunktion als auch über einen adaptiven Tempomat verfügt, arbeitet es auf Stufe 2 der Autonomie. Die meisten Top-Modelle der führenden Automobilhersteller verfügen entweder serienmäßig über Autonomiestufe 2 oder können diese als Option anbieten.
Die Kontrolle übernehmen
Sobald Sie Stufe 3 erreichen, wird das Fahrerlebnis im wahrsten Sinne des Wortes autonom. Und das, obwohl die Person am Lenkrad letztlich immer noch für das Fahrzeug verantwortlich ist und bereit sein sollte, die Kontrolle zu übernehmen, sollte ein Problem oder eine Systemstörung auftreten. Ein Beispiel für autonomes Fahren der Stufe 3 ist der Stauassistent oder Stau-Chauffeur: Bei einem Stau kann dieses System eingeschaltet werden und übernimmt im Wesentlichen die Kontrolle über Gaspedal, Bremsen und Lenkung, um das Auto durch den Stau zu führen. Einige neuere Oberklasse-Autos sind bereits mit dieser Funktion ausgestattet.
Roboter-Taxis
Stufe 4 der Autonomie bezeichnet das, was die meisten Menschen unter dem autonomen Fahren verstehen: Ein Auto, das selbst fährt. Es ist die erste Stufe, auf welcher die Fahrerin oder der Fahrer als reiner Passagier betrachtet werden kann, weil der Mensch das Auto nicht mehr steuern muss. Tatsächlich sind Lenkrad und Pedale weitgehend überflüssig. Ein Beispiel für die Stufe 4-Autonomie sind die selbstfahrenden Taxis, die derzeit von Waymo in den USA und Renault in Frankreich getestet werden. Die einzige wirkliche Grenze bei Stufe 4 besteht darin, dass die Autonomie nicht ständig eingeschaltet werden kann, sondern nur dann, wenn es die Bedingungen erlauben. Das macht den Unterschied zu Stufe 5 aus, auf der das Auto jederzeit und unter allen Bedingungen ohne Einschränkungen selbst fahren kann.
Die Rolle der Fahrsysteme
Die technische Seite aller genannten Systeme ist vergleichsweise einfach zu klären, verglichen mit der größeren philosophischen Frage: Wer ist verantwortlich, wenn etwas schief geht, während alle Systeme aktiviert sind? Dafür gibt es derzeit noch keine internationale Regelung und es wird heftig diskutiert. Gleichwohl besagt die Norm SAE J3016, dass bis zur Stufe 3 die Person am Steuer fahren muss, wann immer dies nötig ist. Ab Stufe 4 wird sie auf die Rolle eines Beifahrers reduziert. Ob die zukünftige Regulierung rund um das autonome Fahren den SAE-Standard widerspiegelt, bleibt abzuwarten. Im Moment spielen die Automobilhersteller jedoch noch mit der Terminologie, sodass Sie im Handel kein Auto finden werden, von dem es heißt, es sei vollständig autonom (weil dies ein gewisses Maß an Verantwortung implizieren könnte).
Stattdessen behaupten die Hersteller, alle diese Autos seien nur mit ADAS ausgestattet, einem schmissigen Kürzel für Advanced Driver Assistance Systems. Dies deckt im Wesentlichen alles bis zur Stufe 3 ab. Derzeit legt die Gesellschaft noch die gesamte Verantwortung auf die Person am Steuer, unabhängig von der im Auto eingebauten Technologie. Ob das in Zukunft noch gilt? Wer weiß...